Karl Billinger bekam von einem interessierten Vogelbeobachter folgende Meldung.
„Ich habe Mitte Jänner am Gurtenbach im renaturierten Bereich kurz vor der Mündung in den Inn eine braun gesprenkelte hühnergroße Ralle gesehen, die geduckt ins Knickschilf geschlichen ist und dann nicht mehr zu sehen war.“
So die sehr vage und vor allem die Bestimmung gänzlich offengelassene Meldung.
Was für einen Vogel hat der Beobachter gesehen? Mitte Jänner braun usw. …
Die Auflösung gibt es in ca. 4 Wochen an dieser Stelle. Viel Spaß!
Vogelrätsel Nr.1 Auflösung
Nach einiger Überlegung und längerem Suchen und Wühlen im eigenem langjährigen Erfahrungsschatz kam mir die „rettende“ Spur. Hühnergroße Rallen gibt es bei uns nicht. Als braun gesprenkelte relativ große Vögel im Schilf sind bei uns nur zwei Arten zu beobachten:
Einerseits junge Nachtreiher, die aber im Winter nicht bei uns zu beobachten sein sollten. (Hilfreich zum Kennenlernen dieses Gefiederzustandes oder zum Auffrischen von ohnehin Bekanntem ist ein Nachschlagen im Bestimmungsbuch im Internet: Nachtreiher Jugendkleid)
Andererseits die Rohrdommel, die zwar auch keine Ralle ist, aber einige Exemplare verbringen den Winter bei uns, und zwar an Stellen im Schilf im Auwald, an denen auch bei kaltem Winterwetter offenes Wasser zur Verfügung steht.
Hier kann dieser gar nicht so kleine Reiher, der wegen seiner Tarnung trotzdem ganz leicht übersehen wird, erfolgreich kleinen Wassertieren nachstellen. Und weil sich die Rohrdommel, wenn sie sich „verdrücken“ will, klein macht und wegschleicht, ist der Vergleich mit einer Ralle gar nicht so daneben.
Oft bleibt der seltene Vogel aber bei vermeintlicher Gefahr stehen, reckt seinen Kopf und Schnabel in die Höhe und ist urplötzlich verschwunden und zu einem Büschel sich im Wind wiegender Schilfhalme geworden. Sensationell und verblüffend, wie gut diese „Pfahlstellung“ beim Tarnen hilft. Und (fast) weg ist sie!
Ähnlich, wenn auch viel kleiner als die Rohrdommel ist die Zwergrohrdommel. Sie lebt auch in Schilfflächen, ist aber ein Langstreckenzieher und taucht bei uns erst Ende April oder gar erst im Mai auf. Im Unterschied zur Rohrdommel besitzen Männchen und Weibchen unterschiedliche Gefiedermerkmale. Und, noch ein Gegensatz: Während die Rohrdommel nur die Wintermonate am Inn verbringt, brütet von der Zwergdommel einige wenige Paare am unteren Inn, sowohl auf der bayerischen als auch auf der östereichischen Seite. Auch hier ist die Bildersuche im Internet oder ein Nachschauen im Bestimmungsbuch hilfreich und lehrreich! Z.B. Karl Billinger, Datenbank ODUI k.billinger@eduhi.at
Was noch wichtig ist: Überwinterungsstellen von Rohrdommeln sollten nicht publik gemacht werden. Karavanen von Besuchern beunruhigen die Tiere und führen möglicherweise zur Aufgabe des Überwinterungsplatzes. Meldungen an Ornitho oder andere seriöse Online-Meldeadressen (bitte den Passus „geschützte Meldung“ ankreuzen!) oder an die oberhalb genannte Mailadresse (für Inn-Datenbank ODUI) sind aber schon wichtig, da nur auf diesem Weg die Dichte und die Verbreitung dieser seltenen und bedrohten Tiere in ihren Winterrevieren ersichtlich ist und so im Bedarfsfall auch Schutzmaßnahmen ergriffen werden können.